Es muß 1970 gewesen sein. Das Küchenradio versüßt mir die Schulaufgaben. Auf einmal höre ich ein Instrumentalstück, rockig - Gitarre, Bass, Drums. Das will ich auch! Ein Schulfreund verkauft mir einen Schaller-Transistoramp und seine Aria Strat-Kopie. Nun sitze ich da und weiß nicht mal, wie man das Teil stimmt.
Abhilfe schaffen zwei musikalische Onkel, die mir zudem die ersten Griffe zeigen: House of the Rising Sun etc. Ich kaufe mir eine Grifftabelle und experimentiere mit verschiedenen Tonarten und Lagen auf dem Griffbrett.
Etwas Notenlesen habe ich beim Blockflöten-Unterricht gelernt. Es reicht, um meine ersten eigenen musikalischen Ideen aufzuschreiben. Diese Leidenschaft, eigene Stücke zu schreiben, begleitet mich fortan und hilft mir, einen eigenen musikalischen Stil zu entwickeln.
Akustische Gitarre oder Konzertgitarre sind für mich noch unerforschte Welten. Deep Purple, U.F.O. und Led Zeppelin heißen meine ersten Helden. Dann entdecke ich das Mahavishnu Orchestra, Chick Corea, Allan Holdsworth und Pat Metheny. Eines Abends höre ich seine Musik bei einem befreundeten Drummer. Ich bin fasziniert, verstehe aber nicht was er da macht: Wo beginnt die Melodie, wo das Solo? Und über was für Changes spielt er? Alles klingt leicht, mühelos und überhaupt nicht "kopfig" wie bei den meisten Zeitgenossen dieser Ära. Und vor allem sein weicher, fließender und melodiöser Sound haben sich für immer in meinem Herzen eingegraben.
Mit ihm kommt auch die Lust auf die akustische Gitarre und vor allem auf seelenvolle Musik, jenseits des unter Gitarristen beliebten "Rumgefrickels" getreu dem Motto "schneller, höher, weiter". Die akustische Gitarre eröffnet mir neue Kompositionsmöglichkeiten und wird von nun an zu meiner ständigen Begleiterin. Und es gibt so unendlich viel hier zu entdecken! Das reicht für dieses und noch ein paar weitere Leben. In Demut erkenne ich: ich werde immer ein Lernender bleiben.
Gleichzeitig bildet sich im Laufe der Zeit ein ganz ureigener Stil in Komposition und Spielweise heraus. Je älter ich werde und je mehr ich zu mir selbst finde, desto wohler fühle ich mich mit dem, was gerade musikalisch aus mir "entfleuchen" möchte.
Die schönsten Momente sind für mich dabei die geblieben, wenn sich Zuhörer emotional angerührt zeigen. Und ich bin am glücklichsten, wenn ich diese speziellen spirituellen Momente erleben darf - oftmals ganz mit mir allein - wenn der "Flow der Musik" plötzlich einsetzt. Dann weiß ich, dass alles an seinem richtigen Platz ist und es eine höhere Macht gibt, die uns leitet.
Bruno Aleppio
guitarist
composer